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„Dass ich heute hier bin, ist ein Wunder!“ Die Mobilen Retter im Landkreis Harburg schreiben seit einem Jahr Erfolgsgeschichte

Wenn Mobile Retter zusätzlich zum Rettungsdienst alarmiert werden, zählt jede Sekunde. Es geht im wahrsten Sinne des Wortes um Leben oder Tod. So auch am 25. August 2023 um kurz nach 20 Uhr an der Thieshoper Straße in Brackel: Heiko Siebern hatte wie so oft im Garten gearbeitet und sich danach wegen seines schmerzenden Rückens zunächst nichts gedacht.

Gegen Abend wurden die Schmerzen jedoch so stark, dass er seine Frau Martina bat, ihn vom gemeinsamen Wohnort in Hanstedt-Schierhorn zur Abklärung in die Notaufnahme des Winsener Krankenhauses zu fahren. Weit sollten sie jedoch nicht kommen: Heiko Siebern wurde in Brackel nach einem Krampfanfall auf dem Beifahrersitz unvermittelt ohnmächtig – und die Welt blieb für die Familie Siebern stehen.

„Irgendeiner hatte plötzlich das Licht ausgeknipst, beschreibt Heiko Siebern es später. Der damals 59-Jährige schwebte zwischen Leben und Tod. Später stellte sich heraus, dass er einen massiven Herzinfarkt erlitten hatte. Sein wundersames Überleben verdankt Heiko Siebern nicht zuletzt auch dem Projekt „Mobile Retter“ im Landkreis Harburg.

„Seit gut einem Jahr erhalten unsere Rettungskräfte von DRK, JUH und Kreisrettungsdienstgesellschaft mit den Mobilen Rettern wertvolle und gerade in einem Flächenlandkreis wie unserem dringend erforderliche Unterstützung durch mittlerweile 555 qualifizierte medizinische Ersthelfende“, erläuterte Landrat Rainer Rempe das Projekt unlängst bei einem Dankeschön-Abend für die „Mobilen Retter“ im DRK-Zentrum in Winsen, bei dem auch die Eheleute Siebern zu Gast waren. „So können in allen Städten und Gemeinden ehrenamtliche Lebensretterinnen und Lebensretter schneller als der schnellste Rettungswagen eintreffen.“

Und das kann bei einem Herz-Kreislaufstillstand lebensrettend sein. Nur wenn schnell reanimiert wird, besteht eine Überlebenschance. Oftmals werden Wiederbelebungsmaßnahmen aber erst nach Eintreffen des Rettungsdienstes und damit zu spät eingeleitet: Deutschlandweit überleben nur zehn Prozent der Betroffenen.

Die Kreisverwaltung hat deshalb genau hier angesetzt, um noch effektiver und schneller Leben zu retten: Im Notfall werden Mobile Retter, die sich in unmittelbarer Nähe in ihrem Wohnort oder an ihrem Arbeitsplatz befinden, per GPS geortet und durch die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle im Kreishaus über die „Mobile Retter“-App parallel zum Rettungsdienst alarmiert. Wenn der Mobile Retter den Einsatz übernehmen kann, erhält sie oder er die Notfalldaten auf sein Smartphone und wird zum Einsatzort navigiert.

Auch Heiko Siebern standen Mobile Retter zur Seite: Disponent Sven Westphalen – Martina Siebern hatte sofort den Notruf 112 gewählt – alarmierte neben einem Rettungswagen aus Nindorf, dem Notarzt und einem damals in Hanstedt stationierten Krankentransportwagen, auch Nadine und Alexander Jansen. Beide sind hauptberuflich bei den Johannitern tätig und waren glücklicherweise gerade bei Brackeler Freunden zum Grillen eingetroffen waren. So waren sie schnell vor Ort und konnten Martina Siebern bei der Wiederbelebung ablösen.

Diese hatte nämlich nicht nur den Notruf gewählt, sondern einen vorbeifahrenden Handwerker in einem braunen Transporter zur Unterstützung angehalten, den sie bis heute sucht (Der Gesuchte kann sich gerne bei der Pressestelle der Kreisverwaltung melden!).

Außerdem hatte sie als nach ihren eigenen Worten zwar wenig aktive, aber ausgebildete Sanitätshelferin bei den Johannitern, telefonisch unterstützend angeleitet durch Sven Westphalen, sofort mit einer Herzdruckmassage ihres Mannes begonnen.

Fast zeitgleich traf auch der Krankenwagen aus Hanstedt ein. Unterstützend zur Herzdruckmassage der Jansens kam nun ein an Bord befindlicher Defibrillator zum Einsatz. Abgelöst wurden die Mobilen Retter schließlich durch den eintreffenden Rettungswagen und den Notarzt.

Doch Heiko Sieberns Herz wollte immer noch nicht schlagen. „Die schnelle und anhaltende Herzdruckmassage hat ihm am Ende jedoch das Leben gerettet“, stellt Rettungssanitäter Markus Bodmann von der Kreisrettungsdienstgesellschaft fest. Heiko Siebern wurde nach weiterer Versorgung und unter weiterlaufender Reanimation ins Krankenhaus Winsen gebracht.

Kurz vor dem Eintreffen holte ihn ein weiterer Defibrillator-Stoß ins Leben zurück, im Laufe der folgenden Wochen mussten ihm sieben Stents eingesetzt werden. Trotz guten Heilungsverlaufs machen dem mittlerweile 60-Jährigen die Folgen des Herzinfarkts noch bis heute zu schaffen.

„Dass ich heute hier bin und den Herzinfarkt weitestgehend unbeschadet, ist ein Wunder! Dafür sind ganz viele Menschen verantwortlich, denen ich von Herzen nur ein riesiges Dankeschön aussprachen kann“, sagt er.

Dankbar und voll des Lobes zeigte sich auch Landrat Rainer Rempe: „Die Rettung von Menschen wie Heiko Siebern zeigt uns, wie unschätzbar wichtig die Stärkung unserer Rettungskette durch die Mobilen Retter gewesen ist. Ich danke allen, die sich im Landkreis Harburg im Haupt- und im Ehrenamt hochprofessionell für das Leben und die Gesundheit ihrer Mitmenschen einsetzen! Herzlichen Dank, dass wir uns jederzeit auf sie verlassen können!“

Hintergrund: Mobile Retter im Landkreis Harburg

Seit dem Start im Juli 2023 waren Mobile Retter im Landkreis Harburg bis Ende September 2024 bereits 137-Mal im Einsatz. Dabei konnten die Ersthelfenden in durchschnittlich 4 Minuten und 44 Sekunden vor Ort sein. Und waren dies in 57 Prozent der Fälle auch vor dem Rettungsdienst. Derzeit stehen 555 Mobile Retterinnen und Retter im gesamten Kreisgebiet zur Verfügung, 246 weitere potenzielle Lebensretter warten derzeit auf ihre Ausbildung.

Ohne die Unterstützung der Kreisverwaltung durch die Hilfsorganisationen DRK und JUH, die Notärzte im Kreis, die Freiwilligen Feuerwehren, die Kreisrettungsdienstgesellschaft, die DLRG und dem THW sowie den kreiseigenen Krankenhäusern Winsen und Buchholz wäre das Projekt nicht möglich. Es soll künftig noch ausgebaut werden, die Mobilen Retter künftig noch mehr Unterstützung durch die Kreisverwaltung erhalten, die dafür nun zusätzliche personelle Kapazitäten geschaffen hat.

Gleichzeitig möchte der Landkreis Harburg noch mehr Mobile Retter gewinnen, um das Netz ehrenamtlicher Ersthelfer noch enger über alle Städte und Gemeinden zu spannen. Medizinische Vorkenntnisse sind hilfreich, grundsätzlich können aber alle Erwachsenen Mobile Retter werden. Interessierte werden mit einer Ersthelferausbildung und Reanimationstrainings, die mindestens einmal jährlich aufgefrischt werden müssen, auf den Einsatz vorbereitet.

Als Ansprechpartner für „Mobile Retter“ im Landkreis Harburg steht Florian Fietz, stellvertretender Leiter der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle der Kreisverwaltung, sehr gerne zur Verfügung (E-Mail: mobileretter@lkharburg.de). Mehr Informationen zu Mobile Retter finden sich unter https://portal.mobile-retter.org/regionen/landkreis-harburg.


Bericht: Bernhard Frosdorfer, Pressestelle LK Harburg
Bild: Pressestelle LK Harburg
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